Du hast dich kürzlich selbständig gemacht als Mental Coach. Seit wann arbeitest du als Mental Coach und wie kam es dazu?
Manchmal fallen Dinge einfach zusammen im Leben… Als ich letztes Jahr wegen einer Schulterverletzung meine CC-Saison unvermittelt abbrechen musste, bevor sie richtig angefangen hatte, hatte ich auf einmal viel Zeit, da ich weder reiten noch arbeiten konnte. Aber weiterhin meine Reitschüler coachen ging natürlich und so bot es sich auf einmal an, aus dem Coaching-Hobby eine formelle Ausbildung anzufangen und so der Praxis die Theorie und Weiterbildung folgen zu lassen. Diese habe ich an der renommierten Sportmentalakademie in Zürich Altstetten absolviert, in dem ich 3 Kurse parallel durchgezogen habe. Das Ganze hat mich so gefesselt und fasziniert, dass ich dann beschlossen habe, mich als Mental Coach selbständig zu machen. Schon lange hatte ich nach einer guten Idee gesucht, meine Reitpassion mit einem Beruf zu verbinden, der mich fasziniert, aber nicht in Konkurrenz zu gestandenen Reitlehrern bringt. Und weil ich selbst schon immer Lust auf Erfolg hatte, und auch gern mit Menschen zusammenarbeite, die ebenfalls positiv ambitioniert sind, habe ich meine Firma kurz und bündig „Lust Auf Erfolg“ genannt.
Was ist deine Motivation, was fasziniert dich an diesem Beruf?
Mental Coaching und Mental Training sind die ideale Ergänzung zur Reitausbildung, da hierbei die Komponente „Kopf des Sportlers“ im Vordergrund steht. Ohne Mental Coaching wäre moderner Spitzensport nicht auf dem Niveau, auf dem er heute ist. In vielen anderen Sportarten ist dies schon sehr verbreitet, aber es ist immer noch ein recht junges Gebiet in der Wissenschaft. In der Reiterei ist es noch nicht wirklich angekommen. Wenn ein Start mal schiefläuft, ist es oft einfach, für uns Reiter auch mal zu sagen: „Mein Pferd hatte einen schlechten Tag“. Ich hatte mich schon sehr oft gefragt, was im Sport am Ende über Erfolg oder Misserfolg entscheidet. Die Ausbildung hat mir einen neue Welt eröffnet – unsere mentale Verfassung als Sportler und wie wir uns selbst positiv beeinflussen können, wenn wir bereit sind, uns mit uns selbst auseinander zu setzen. Aus eigener Erfahrung weiss ich auch, wie sehr wir als Reiter mit unserer eigenen Einstellung unser Pferd beeinflussen. Als ich z.B. vor einigen Jahren mal einen heftigen Sturz im Gelände hatte, litten auch in der darauffolgenden Saison unsere Starts noch darunter, weil ich einfach nicht mehr so unbeschwert in die Geländestrecken gehen konnte wie vor dem Sturz. Das übertrug sich natürlich auch auf meinen treuen Partner. Hätte ich damals einen Mental Coach hinzugezogen, wäre ich sicherlich schneller darüber hinweg gekommen.
Wer ist dein Zielpublikum?
Für Einzelpersonen oder auch Teams ist Mental Coaching – oder Coaching generell – universell einsetzbar, nicht nur im Sport, sondern ebenso im Beruf oder generell im Leben. Sei es, um mit Druck, Misserfolgen, Krankheiten oder Verletzungen möglichst positiv umzugehen, eine aktuelle Situation zu verbessern, oder für einen Zeitpunkt in der Zukunft optimal vorbereitet zu sein. Dabei können wir Mental Coaches eben auch Techniken aus dem Mental Training beiziehen, z.B. zur Verbesserung der Konzentration, der Wettkampfvor/-nachbereitung oder zur Entspannung und Stressbewältigung. Es gibt eine riesige Anzahl von Techniken, um uns mental besser zu regulieren, um so bei optimaler körperlicher Verfassung auch unsere Psyche in den sogenannten optimalen Leistungszustand zu versetzen. Der ist genauso bei einem sportlichen Start gefragt wie z.B. wenn ich eine Präsentation vor eine grossen Publikum halten muss. Ich arbeite mit Sportlern ebenso wie mit Berufstätigen und Führungskräften, da ich selbst auch 30 Jahre in kleinen, mittleren und Grossunternehmen gearbeitet habe. So kann ich den Transfer vom Coaching aus dem Sport in den Beruf bewerkstelligen mit jahrelanger Erfahrung aus dem Spagat zwischen Leistungssport und beruflicher Karriere.
Des Weiteren richtet sich mein Angebot mit Vorträgen und Workshops bzw. Schulungen zu Themen aus dem Mentaltraining und der Persönlichkeitsentwicklung an Reit- und Sportvereine sowie Firmen und Ausbildungsstätten.
Wie arbeitest du – wie muss man sich eine Sitzung mit dir vorstellen?
Die Sitzungen können sehr vielfältig sein, Dauer jeweils ca. eine Stunde und präferiert gemeinsam in einem Arbeitsraum. Ich beginne immer mit einem Erstgespräch, um die Person und ihre Themen, die sie beschäftigen, zu verstehen und Ansatzpunkte für eine gemeinsame Arbeit herauszufinden. Danach kommt es jeweils darauf an, was gewünscht ist. Wenn eine eher kurzfristige Herausforderung besteht, z.B. die Vorbereitung auf eine wichtige Prüfung oder einen Wettkampfstart, trifft man sich öfter und arbeitet themenspezifisch. Wenn es sich um längerfristige Entwicklung handelt, wird ein Förderplan mit Phasen und Zwischenzielen ausgearbeitet, der meist über mehrere Monate geht. Dann trifft man sich alle 2-4 Wochen. Es ist auch durchaus möglich, dass im Rahmen der Zusammenarbeit auf aktuellen Wunsch meines Coachee‘s zwischendurch ein „Ausflug“ gemacht wird um eine Technik aus dem Mentalen Training zu erlernen, z.B. eine Atemtechnik zur Entspannung oder sich in kritischen Situationen an etwas wichtiges zu erinnern. Ich arbeite viel im Raum mit Hilfsmitteln wie Flipchart, Karten, Bällen etc. am Boden, Tisch und an den Wänden, da meine Kunden so sehr viel Kreativität generieren und echte Erfahrungen machen.
Hast du auch schon mit Reitern zusammengearbeitet? Was waren das für Erfahrungen?
Die meisten meiner Kunden derzeit sind Reiter. Jeder bringt andere Themen mit. Es waren sehr wertvolle Erfahrungen bisher. Eine Kundin kam, da sie einen Riesenstress vor der anstehenden Springlizenzprüfung hatte. Wir haben uns in 3 Wochen 6mal getroffen und sehr intensiv an Entspannung, Konzentration und Wettkampfvorbereitung gearbeitet. Eine andere Reiterin hatte den Spass am Dressurreiten verloren, weil ihr Pferd zwar im Training immer super lief, aber im Viereck auf dem Turnier jeweils fast nicht vorwärts zu bringen war. Auch hier war es eine Frage der Entspannung und der Konzentration. Wir arbeiteten aber auch generell an ihrem Selbstvertrauen. Sie sagt selbst, dass ihr jetzt Dinge leichtfallen, die vor einem Jahr noch undenkbar gewesen wären (z.B. vor einem Publikum auftreten). In einem weiteren Fall möchte eine Kundin gern B3 reiten, hat aber Probleme mit dem Springen auf 110cm. Durch die gemeinsame Arbeit seit über einem halben Jahr ist sie sichtlich gelassener geworden, was sich – als sehr positiver Nebeneffekt – zunächst in ihrem Beruf auswirkte und danach einen Einfluss auf ihre Arbeit mit dem Pferd hatte, da sie auf einmal nicht mehr so gestresst in den Stall kommt. Mit ihr habe ich beispielsweise mal eine Visualisierungstechnik für das Reiten einer gebogenen Linie auf 5 Galoppsprünge entwickelt. Begonnen haben wir im Arbeitsraum, danach haben wir bei uns in der Reithalle Hindernisse aufgestellt und sie konnte ihre Technik nochmals anders „trocken“ festigen. Da das Hirn nicht zwischen Theorie und Praxis unterscheidet, ist diese Art der mentalen Arbeit gerade so toll komplementär zum Reittraining.
Ende Januar führe ich einen Workshop mit einer Juniorengruppe von Reitern zum Thema Selbstvertrauen durch. Auch da bin ich jetzt schon sicher, dass es ein sehr spannender Anlass sein wird und die Jugendlichen viel für sich mitnehmen werden.
Begleitest du sie auch (mental) auf Turnieren? Wie sieht das konkret aus?
Auf Wunsch mache ich natürlich auch Turnierbegleitung, wobei es sich gezeigt hat, dass das wichtigste, das ein Mental Coach an einem Turnier machen kann, ist einfach da zu sein und nur noch auf expliziten Wunsch des Sportlers mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Was sinnvoll sein kann, wenn genügend Zeit da ist, gemeinsam Parcours oder Geländestrecke abzulaufen und den Sportler erzählen zu lassen, wie er gewisse Stellen reiten wird. Proaktiv „coachen“ zu wollen oder auf dem Abreiteplatz noch zu korrigieren verwirrt den Sportler und erhöht zumeist die Nervosität. Die mentale Vorbereitung im Vorfeld ist hier viel wichtiger, so dass der Sportler zum Zeitpunkt des Starts funktionieren kann und das, was er vorher mental trainiert hat, automatisch abruft. Auf dem Platz ist das persönliche Umfeld des Sportlers kritisch. Wenn er mental gut vorbereitet ist, gilt es für das Umfeld, ihn nicht mehr zu stören, sondern ihn nur noch positiv zu unterstützen. Als Coach „coache“ ich dann oft mehr sein Umfeld als den Sportler selbst.
Wem rätst du, sich mental coachen zu lassen?
Im Grunde jeden, der ein aktuelles „Thema“ hat, an sich selbst arbeiten möchte und/oder ein kurz- oder längerfristiges Ziel im Sport, Beruf oder Leben hat, und sei es auch nur, eine Entscheidung zu treffen. Voraussetzung ist die Lust auf einen persönlichen Erfolg und die Neugier, sich selbst besser kennen zu lernen.
Ausser dem bilateralen Coaching, was machst du sonst noch?
An verschiedenen Anlässen im letzten Jahr habe ich bereits sehr erfolgreiche Vorträge zu Themen aus dem Mental Training gehalten, vor Reitern aber auch in meiner ehemaligen Berufswelt, z.B. Wie funktioniert unser Hirn/Warum Mental Training, Die positive Macht der Selbstgespräche, Visualisierungstechniken, Aufmerksamkeitskontrolle. Weitere Themen sind in Arbeit… Resilienz, Ehrgeiz vs. Ambition, Veränderungen von Gewohnheiten, etc.
Zusätzlich biete ich Workshops und Seminare zur diesen Themen an, sowie Persönlichkeits- und Teamentwicklung im Sport und Ausbildung sowie Beruf.
Und natürlich reite ich weiterhin aktiv CC. Zudem habe ich einige Reitschüler in der Dressur, Springen und Gelände, wobei ich mit ihnen vor allem an der Basisausbildung arbeite (Sitz, Skala der Ausbildung, Technik, Sicherheit). Derzeit leite ich einen Technikspringkurs im Reitverein Gossau/Wetzikon, bei dem ich jeweils einen Theorieteil einfliessen lasse und die Reiter(innen) ihr Reiten aktiv selbst reflektieren lasse. Ich nenne es „alternativen Springunterricht“. Bisher ist das Feedback super, jedoch wird mein Hauptfokus auf Coaching und Persönlichkeitsentwicklung liegen.
Ein vielfältiges Angebot also - ich freue mich riesig auf den Erfolg meiner Kunden :-)